04.10.2024Lombardei

SCHUTZ VON BESTÄUBERINSEKTEN: BEST PRACTICES BEI DER PFLEGE VON STADTGRÜN

Der Verein Val.Te.Mo, der Bio-Distrikt Valle Camonica und der Ortsverband des italienischen Umweltschutzverbandes Legambiente im Valle Camonica haben in den letzten zwei Jahren gemeinsam in der Gemeinde Malegno einen Lehrbienenstand eingerichtet.

Das unter dem Dach des Vereins Val.Te.Mo angesiedelte und von der Cariplo-Stiftung finanzierte Projekt “BEECOM - eine bestäuberfreundliche Gemeinde im Vallecamonica, eine Botschafterin der Bestäuber“ hat das Ziel, verschiedene Strategien gegen das Verschwinden der Bestäuberinsekten zu entwickeln. Für diese wichtigen Lebewesen gibt es immer weniger für die Suche nach Nektar und Pollen geeignete Gebiete; der Erhaltung ihrer Lebensräume kommt daher vorrangige Bedeutung zu.

Der Verein Val.Te.Mo, der Bio-Distrikt Valle Camonica und der Ortsverband des italienischen Umweltschutzverbandes Legambiente im Valle Camonica haben in den letzten zwei Jahren gemeinsam in der Gemeinde Malegno einen Lehrbienenstand eingerichtet. Dort wurde Grundschulkindern Wissenswertes vermittelt, um so die kommenden Generationen für Umweltthemen und Naturschutz zu sensibilisieren. Tatsächlich bieten sich im Bereich Raumplanung und -management verschiedene Maßnahmen an, die sich günstig auf die Bienen- und Bestäuberpopulationen auswirken können. Diese für die Erhaltung der Artenvielfalt unentbehrlichen Lebewesen sind Opfer eines langsamen, aber fortschreitenden Sterbens aufgrund von Aktivitäten des Menschen, die eine der Ursachen des Klimawandels sind. Neben der allseits bekannten Luftverschmutzung darf auch der anhaltende Flächenverbrauch nicht vergessen werden, der die für die Ansiedlung dieser Arten erforderlichen Lebensräume geschädigt hat.

Ein Ökosystem ist dann gesund, wenn zwischen den Elementen, aus denen es besteht, ein Gleichgewicht herrscht. Das Eingreifen des Menschen in die natürlichen Abläufe bedeutet für die Ökosysteme eine Störung, die dort, wo der Mensch nicht eingreift, minimal ist, und in den am stärksten erschlossenen Regionen der Erde ein Maximum erreicht. Der Mensch entnimmt den natürlichen Ressourcen und damit der Artenvielfalt alles, war er braucht, und hat im Lauf der Geschichte diese kostbaren Quellen in unverhältnismäßigem Ausmaß ausgebeutet.

Bestäuberinsekten leisten einen wesentlichen Beitrag zur Erhaltung der Artenvielfalt. Sie bestäuben mehr als 75 Prozent der Kulturen weltweit. Für viele Pflanzenarten ist die entomophile Bestäubung die bevorzugte Bestäubungsweise. Bei über 85 Prozent der Blühpflanzen gäbe es ohne Bestäuberinsekten keine  geschlechtliche Fortpflanzung, was zu einem raschen Rückgang des genetischen Reichtums und in der Folge einem unvermittelten Aussterben vieler Pflanzenarten und damit einem Verlust an Biodiversität führen würde.

Wir meinen gewöhnlich, dass die Orte in Italien mit der größten Artenvielfalt ländliche, von der Stadt weit entfernte Gebiete sind. Aber das trifft nicht immer zu. Auch wenn es paradox erscheinen mag, aber in der Stadt finden sich viele ökologische Nischen, die Hunderten von Arten einen Lebensraum bieten. Es sind Schatzkästchen der Artenvielfalt, in denen viele Lebewesen ein ideales Habitat finden. Da städtische Gartenanlagen mit ihrem Reichtum an Pflanzenarten eine wichtige Quelle von Pollen und Nektar sind, sind außerdem die Vielfalt der Wildbienenarten und die Anzahl der Individuen in städtischen Gebieten größer als auf dem Land. Umgekehrt kommen Hummeln und Schwebfliegen in ländlichen Gebieten häufiger vor, da dort aufgrund der weit verbreiteten Monokulturen die Blühzeiten kürzer sind. Honigbienen sind andererseits dort, wo ihre Nahrungsquellen zeitlich begrenzt vorhanden sind wie auf dem Land, tendenziell seltener. Hummeln und Schwebfliegen wiederum sind weniger standorttreu und wandern dorthin, wo sie das größte Nahrungsangebot finden.

Laut der Roten Liste der IUCN sind europaweit 37 Prozent der Bienenarten (Honigbienen und andere) vor allem durch den Verlust einiger Lebensräume bedroht. Diese Größenordnung darf uns nicht nur besorgt stimmen, sondern muss uns dazu anregen, nach Lösungen zu suchen, um den Rückgang zu begrenzen und den Trend umzukehren, damit diese wertvollen Tiere erhalten bleiben.

Dazu gehören eine Reihe von einfachen Maßnahmen, die es sowohl bei der Auswahl der Pflanzenarten für Beete und öffentliche Grünflächen als auch bei der Entscheidung für bestimmte Pflegemaßnahmen zu beachten gilt.

Sich bewusst zu machen, welche Arten in öffentlichen Grünanlagen wachsen, ist sehr wichtig. Insbesondere kann man, wenn man ihre Blühzeiten kennt, dafür sorgen, dass die Anlagen so gestaltet sind, dass Bestäuberinsekten während eines Großteils des Jahres das Nahrungsangebot, das sie brauchen, vorfinden. Honigbienen können zum Beispiel auch an milden Wintertagen fliegen. Es wäre daher sinnvoll, dass für diese Insekten sowohl Frühblüher als auch Herbstarten zur Verfügung stehen. So  blühen beispielsweise im Januar und Februar sowohl Narzissen als auch Gewürzsträucher, während wir im März und April, gleichzeitig mit der Blüte der Obstgehölze, die Blüte der Arten der Gattung Krokus erleben. Im Herbst blühen Sonnenblumen und Goldruten, die viel Honig, nämlich 900 kg/ha liefern. Zum Herbstende schließlich sind Efeu und Chrysanthemen die wichtigsten Nahrungsquellen für die Bienen.

Die Pflanzen in den Grünanlagen sollten aber nicht nur das ganze Jahr über Nahrung liefern, sondern die Arten sollten auch verschiedene Farben haben. Unterschiedliche Insektenarten werden nämlich von jeweils unterschiedlichen Farbtönen angezogen. Ja mehr verschiedene Farben in einem Garten vorhanden sind, desto mehr unterschiedliche Insekten werden angelockt. Aus demselben Grund sollten, wo möglich, Gräser mit Büschen und Bäumen kombiniert werden. Auf diese Art und Weise finden Insekten - Bestäuber und andere - sichere Orte, wo sie geschützt sind und nisten können.

Jedoch ist es nicht immer möglich, unterschiedliche Pflanzenarten mit unterschiedlicher Wuchshöhe wie Gräser, Sträucher und Bäume am selben Ort zu kombinieren. An Alleen und in öffentlichen Parkanlagen können Baumarten gepflanzt werden, die den Insekten nicht nur Nahrung und Schutz bieten, sondern mit ihren Kronen auch Wege und Wiesen beschatten und so auch für den Menschen in den Sommermonaten kühlere Temperaturen in den Städten ermöglichen. Sträucher sind gute Lösungen für Zierkübel, Beete und Kreisverkehre. Schließlich können mit verschiedenen Gräserarten bunte Wiesen mit großem landschaftsgestalterischem Wert angelegt werden.

Das Potenzial solcher Orte wird oft unterschätzt; tatsächlich können selbst kleine Flächen äußerst wichtige Hotspots der Biodiversität sein.

Eine Form der Bewirtschaftung, die besonders großen Einfluss auf das Vorkommen von Insekten hat, ist die Mahd. Heute wird in öffentlichen Gartenanlagen einerseits zum Schutz vor Gefahren für die Menschen, andererseits aus rein ästhetischen Gründen gemäht. Allerdings bieten gemähte Flächen, da die Pflanzen daran gehindert werden, einen kompletten Lebenszyklus zu durchlaufen, zu oft weniger Artenvielfalt. Außer Stielen und Blättern werden nämlich auch die Blüten abgeschnitten und die Insekten können diese nicht mehr als Nahrungsquelle nutzen.

Die Wiesen und Grünflächen nicht mehr zu mähen, entspricht andererseits nicht den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger, die in den Gärten und Parks Erholung suchen. Aus diesem Grund wurden verschiedene Lösungen vorgeschlagen, die einen Kompromiss und einen Ausgleich zwischen den Belangen der Menschen und denen der Bestäuber ermöglichen sollen.

Eine der besten Lösungen ist eine reduzierte Mahd auf ausgewählten städtischen Flächen.

Dabei werden die Wiesen nicht mehr so häufig, sondern nur noch zwei- bis dreimal pro Jahr zwischen Frühjahr und Sommer gemäht, wodurch eine vollständige Blüte der Pflanzenarten gewährleistet wird.

Zweitens besteht die Möglichkeit der Inselmahd. In Parks mit Fuß- oder Fahrradwegen wird dabei neben den Wegen eine Art Pufferzone von einem halben Meter gemäht, während die übrigen Flächen ungehindert wachsen dürfen.

Schließlich gibt es das Verfahren der Streifenmahd, bei der nur einige Teile der Grünfläche gemäht werden. So können Fußwege durch diese Bereiche angelegt werden.

Mit Verfahren dieser Art, die auch in dicht besiedelten Gebieten eingesetzt werden können, kann das empfindliche Gleichgewicht zwischen den Bedürfnissen des Menschen und der Umwelt, das zu lange unter Missachtung der Folgen beeinträchtigt worden ist, gewahrt und erhalten werden.

Eines der Ergebnisse des BEECOM-Projekts ist ein Verzeichnis der Pflanzen mit hohem Honigwert. Diese Kennzahl weist einer einzelnen Pflanzenart einen in Kilogramm Honig pro Hektar ausgedrückten Wert zu, der aufzeigt, wieviel Nektar und Pollen die Art für die Gewinnung von Honig liefert. Die Liste enthält Beschreibungen von 27 Pflanzenarten. Ihre Merkmale können unter folgendem Link nachgelesen werden:

https://www.unimontagna.it/web/uploads/2023/01/Linee-guida-per-la-gestione-del-verde-urbano.pdf 

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