Der Verlust alter Nutzpflanzensorten ist ein weltweites Problem
Unter alten Nutzpflanzen versteht man die Populationen von Kulturpflanzen, die einen abgrenzbaren geschichtlichen Ursprung aufweisen, sich an bestimmte Standorte angepasst haben und mit überkommenen Anbaumethoden verknüpft sind. Die alten, für die Landwirtschaft bedeutsamen Kultursorten, wie auch die mit ihnen verwandten Wildsorten, haben über Jahrtausende zur Domestikation von Pflanzen beigetragen und wichtige, an die Umwelt und den Klimawandel angepasste genetische Ressourcen geliefert; sie können eine wertvolle Ressource für eine nachhaltige Low-Input-Landwirtschaft sein. Diese genetischen Ressourcen haben im Lauf der letzten Jahrzehnte heftige Verluste erlitten (und erleiden sie noch immer). Zu den von den Regierungen zu ihrem Schutz ergriffenen Maßnahmen gehört die Einrichtung nationaler Register, in denen die schützens- und erhaltenswerten Sorten aufgeführt sind.
Die Lombardei ist auch dank ihrer Berge ein Hotspot alter Nutzpflanzensorten
Dank der Arbeit des Forschungszentrums Ge.S.Di.Mont. für nachhaltige Bewirtschaftung und Schutz der Berggebiete https://www.mdpi.com/1424-2818/13/2/70/pdf war es möglich, mehr als hundert überkommene Nutzpflanzensorten zu kartieren; es zeigt sich damit, dass die Lombardei hinsichtlich der Zahl traditioneller Nutzpflanzensorten an dritter Stelle unter den italienischen Regionen steht. Das Inventar des CRC Ge.S.Di.Mont. (https://www.unimontagna.it/servizi/mappatura-agrobiodiversita-vegetale/) ist derzeit für die Nutzpflanzen der Südostalpen das umfassendste. Zwar ist für die Lombardei eine industrialisierte Landwirtschaft in Tallagen typisch; doch haben sich in der Region dank des Vorkommens traditioneller alpiner Sorten von Zea mays (Mais), Solanum tuberosum (Kartoffel) und Phaseolus spp (Bohne) zahlreiche Sorten erhalten. Einige Beispiele sind die für die Bergamasker und Brescianer Alpen und Voralpen typische Bohne Copafam und das Spektrum der lombardischen Maissorten: : Die ortstypischen Sorten “Spinato di Gandino”, “Rostrato Rosso di Rovetta”, “Scagliolo di Carenno”, “Nero Spinoso” und “Mais delle Fiorine” sind hervorragende Beispiele für agrarisch genutzte Ökotypen von Polentamais, deren Erzeugung sich im Lauf der Jahrhunderte entwickelt hat.
Die Berggebiete sind Hotspots traditioneller Nutzpflanzensorten, aus denen kleine, qualitativ hochwertige landwirtschaftliche Produktionsketten entstehen können
Die Abwanderung aus den Berggebieten und die Aufgabe der dortigen landwirtschaftlichen Praktiken hat zu Veränderungen der Landschaft, Störungen im Gleichgewicht der Ökosysteme und Verlust an biologischer Vielfalt der Landwirtschaft und allem, was dazu gehört, geführt (regionaltypische Gerichte, Traditionen und mit der Landwirtschaft verbundene Volkskultur). Diesen Trend umzukehren, ist daher von grundlegender Bedeutung, damit dieses Erbe durch (agronomische, genetische, ernährungswissenschaftliche, historische usw.) Charakterisierung und die Förderung nachhaltiger, innovativer Lösungen erhalten bleibt und hochwertige Nahrungsmittelproduktionsketten auf der Grundlage alter Nutzpflanzensorten eine Chance bekommen.